Eine Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich von Weiterbildungskosten oder Kosten für die Fortbildung oder Auszahlung muss einerseits bei
verständiger Betrachtung einem billigenswerten
Interesse des Arbeitgebers entsprechen und andererseits der Arbeitnehmer
mit der Fortbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die
Rückzahlungsverpflichtung erhalten haben.
Die für den Arbeitnehmer zumutbaren Bindungen sind
auf Grund einer Güter- und Interessenabwägung nach Maßgabe des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung aller Umstände des
Einzelfalles zu ermitteln. Die Rechtssprechung ist hier sehr einzelfallbezogen
und nimmt oft an "Kleinigkeiten" Anstoß, um den Arbeitnehmer vor weit
reichenden Rückzahlungen zu schützen und nicht den Wechsel zu einem anderen
Arbeitgeber zu verhindern.
Eine vom Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag
aufgestellte Klausel, nach welcher der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber getragene
Fortbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht
auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, wäre unwirksam. Sie benachteiligt
den Arbeitnehmer unangemessen. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist es nach dem
Bundesarbeitsgericht nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das
Ausscheiden des Arbeitnehmers zu knüpfen, das innerhalb der mit der Klausel
vorgesehenen Bindungsfrist stattfindet.
Hätte der Arbeitnehmer die in seine Aus- und
Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zu erstatten, wenn die
Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich
dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind, würde
er mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition des Arbeitgebers belastet.
Sieht eine Vertragsklausel auch für einen solchen Fall eine Rückzahlungspflicht
vor, berücksichtigt sie entgegen § 307 Abs. 1 BGB nicht die wechselseitigen
Interessen beider Vertragspartner, sondern nur diejenigen des Arbeitgebers.
Dadurch wird der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Nach § 307 Abs. 1 S.
1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unangemessen, wenn der
Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen
auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein
auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen
Ausgleich zu gewähren. Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine
ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer in der Hand hat, durch
eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu entgehen. Die Dauer der
Bildungsmaßnahme ist ein sehr starker Anhaltspunkt für die Qualität der
erworbenen Qualifikation und muss daher in besonderem Maße bei der
Interessenabwägung berücksichtigt werden.
Von der Rechtsprechung sind beispielhaft
Richtlinien zur Beurteilung eines angemessenen Verhältnisses zwischen
Fortbildungsmaßnahme und Bindungsdauer herausgearbeitet worden.
Typische Relationen sind danach: Bei einer Lehrgangsdauer von bis zu einem Monat
ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung darf höchstens eine sechsmonatige Bindung, bei einer Lehrgangsdauer von
bis zu zwei Monaten eine einjährige Bindung, bei einer Lehrgangsdauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige
Bindungsfrist und bei einer
Lehrgangsdauer von sechs Monaten bis zu einem Jahr ohne Arbeitsverpflichtung im
Regelfall keine längere Bindung als drei Jahre vereinbart werden.
Eine vereinbarte Bindungsdauer von drei Jahren bei
einer knapp zweimonatigen Fortbildung eines Schweißers zum Auftragsschweißer
benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S 1 BGB. Eine
fünfjährige Bindungsdauer setzt eine mehr als zwei Jahre andauernde
Fortbildungsmaßnahme voraus. Bei einer Lehrgangsdauer von drei bis vier Monaten
ohne Arbeitsverpflichtung hat das BAG eine Bindungsdauer von zwei Jahren für
zulässig gehalten und angemerkt, dass eine längere Bindungsdauer in derartigen
Fällen regelmäßig unzulässig ist. Hohe
Aufwendungen des Arbeitgebers (Tatfrage) allein reichen indessen nicht,
die Bindungsdauer über das übliche Maß hinaus zu verlängern.
Diese Richtwerte der Rechtsprechung gelten aber
ohnehin nur im Regelfall, sodass im
Einzelfall auch bei kürzerer Dauer der Fortbildung eine längere Bindung
gerechtfertigt sein kann, wenn der Arbeitgeber beispielsweise erhebliche Mittel
aufwendet und die Fortbildung dem Arbeitnehmer ganz besondere Vorteile bringt.
Denn die für den Arbeitnehmer tragbaren Bindungen sind aufgrund einer Güter-
und Interessenabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter
Heranziehung aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Die
Rückzahlungsverpflichtung ist auch im Zusammenhang mit dem „Marktwert“ des Arbeitnehmers durch
die erworbene Zusatzqualifikation zu sehen, wenn seine beruflichen Möglichen in
einem besonderen Maße gestiegen sind. Eine Kostenbeteiligung ist dem
Arbeitnehmer um so eher zuzumuten, je
größer der mit der Fortbildung verbundene berufliche Vorteil für ihn
ist. Dieser kann darin bestehen, dass der Arbeitnehmer eine Ausbildung erhält,
die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder im Bereich des bisherigen
Arbeitgebers berufliche Möglichkeiten eröffnet, die ihm zuvor verschlossen
waren. Auch Fortbildungsmaßnahmen können für einen Arbeitnehmer einen geldwertem
Vorteil darstellen, sei es, sodass er etwa bei seinem bisherigen Arbeitgeber
die Voraussetzungen einer höheren Vergütung erfüllt oder sich die erworbenen
Kenntnisse auch anderweitig nutzbar machen lassen. Demgegenüber scheidet eine
Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers in der Regel aus, wenn die Fortbildung nur innerbetrieblich von Nutzen ist oder
lediglich der Auffrischung von vorhandenen Kenntnissen oder der Anpassung
dieser Kenntnisse an vom Arbeitgeber veranlasste neuere betriebliche
Gegebenheiten dient.
Eine Klausel über die Rückerstattung von
Fortbildungskosten muss für den Arbeitnehmer klar und verständlich sein. Eine
Rückzahlungsklausel, die den Arbeitnehmer im Unklaren über die tatsächlichen Ausbildungskosten lässt, auf
die sich die Rückzahlungspflicht allenfalls beziehen kann, entspricht nicht dem
Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2
BGB. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer aktuellen Entscheidung dazu
noch einmal präzisierend Stellung genommen. Dem Transparenzgebot ist danach nur
genügt, wenn die ggf. zu erstattenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach im
Rahmen des Möglichen angegeben sind. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen,
dass die Anforderungen, die an die Transparenz einer Rückzahlungsvereinbarung
zu stellen sind, nicht überzogen sein dürfen. Der Verwender der Klausel ist
nicht verpflichtet, die Kosten der Ausbildung bei Abschluss der
Rückzahlungsvereinbarung exakt der Höhe
nach zu beziffern. Im Sinne eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen
von Klauselverwender und Vertragspartner müssen die Angaben jedoch so
beschaffen sein, dass der Vertragspartner sein Rückzahlungsrisiko abschätzen
kann. Dazu sind zumindest Art und
Berechnungsgrundlagen der ggf. zu erstattenden Kosten anzugeben. Ohne
die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen (z.B.
Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten), aus denen
sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll, und der Angabe, nach welchen
Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden (z.B. Kilometerpauschale
für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten), bleibt
für den Vertragspartner unklar, in welcher Größenordnung eine
Rückzahlungsverpflichtung auf ihn zukommen kann, wenn er seine Ausbildung abbricht. Ohne diese Angaben kann der
Vertragspartner sein Zahlungsrisiko nicht abschätzen und bei Vertragsschluss in
seine Überlegungen einbeziehen. Zudem eröffnet das Fehlen solcher Angaben dem
Verwender der Klausel vermeidbare Spielräume.
Eine unwirksame Rückzahlungsklausel kann nach einem
Teil der Rechtsprechung weder mit der zulässigen Bindungsdauer im Wege der
geltungserhaltenden Reduktion aufrechterhalten werden noch kommen gesetzliche
Vorschriften bzw. richterrechtliche Rechtsgrundsätze i.S.d. § 306 Abs 2 BGB
oder eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, d.h. die Regelung wäre
schlicht rechtswidrig und keine Rechte daraus abzuleiten. Die unzulässig lange
Dauer der vereinbarten Bindung macht eine Rückzahlungsklausel aber nicht
automatisch insgesamt unzulässig, wenn
sie einzelvertraglich vereinbart ist Die Bindungsdauer einer
einzelvertraglichen Klausel wäre dagegen auf das zulässige Maß zurückzuführen.
Es entspricht regelmäßig dem Willen der Parteien, überhaupt eine
Rückzahlungsklausel zu vereinbaren und dabei jedenfalls die in der
Rechtsprechung als zulässig angesehene Bindungsdauer zu beachten.
Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm