Donnerstag, 26. September 2013

Offenkundige Tatsachen Mobbing Bundesarbeitsgericht

Immer wieder stellt sich das Problem, welche Fakten ein Gericht seiner Beurteilung zugrundelegen darf. Geht es um offenkundige Tatsachen oder handelt es sich bei einem vermeintlichen Faktum doch bloß ein "Vorurteil"? Das kann für den Ausgang eines Verfahrens sehr wichtig werden. Dabei wäre eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu einer solchen Einschätzung ein wichtiger Umstand, der in Rechtsmittelverfahren ggf. erfolgreich vorgetragen werden. Das BAG hat seiner Entscheidung vom 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 dazu dezidiert Stellung genommen: Es ging um die Verletzung des Persönlichkeitsrecht eines Klägers durch handschriftliche  Vermerke des Vorgesetzten auf einem Bericht des Klägers.  Der Kläger hatte die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Vorgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. 

Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Dabei wurde in der Begründung des Rechtsmittels auch moniert, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei  noch dargelegt worden sei. Der Kläger erklärte, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht erläutert hätte, warum die in Rede stehenden Bemerkungen des Arbeitgebers gerade nicht der Üblichkeit entsprächen. Das Landesarbeitsgericht wäre zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen. 

Bundesarbeitsgericht Erfurt 
Das Bundesarbeitsgericht hat im Blick auf diesen Vortrag erläutert:  Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - feststellbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“). Das gilt nach dem BAG allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten erneut informieren müssen. Wichtig ist sodann folgender Hinweis: Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten. Hier lag der Fehler des  Landesarbeitsgerichts, das seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt hat und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte.  


Das Vorgericht hatte somit  den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor den Verfahrensbeteiligten offen zu legen.

Mittwoch, 18. September 2013

Gegnerliste - Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Gegnerlisten sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erlaubt. In den Bereich der Berufsfreiheit fällt danach die berufliche Außendarstellung der Grundrechtsberechtigten einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste (1 BvR 721/99). Die Berufsausübungsfreiheit schließt die freie Entscheidung über die Art und Weise der beruflichen Außendarstellung ein, solange die gewählte Werbemethode nicht die Grenzen zulässiger Werbung überschreitet (1 BvR 1625/06). Durch die Aufnahme in eine zu Werbezwecken erstellte "Gegnerliste" allein wird ein Persönlichkeitsrecht der Genannten nicht verletzt. Die wahrheitsgemäße Information, jemand sei in eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung involviert, ist nicht ehrenrührig.

Wir veröffentlichen hier einige Namen von Unternehmen bzw. öffentlichen/staatlichen Arbeitgebern, deren Mitarbeiter wir beraten oder gerichtlich wie außergerichtlich vertreten haben. Eine Qualifikation dieser Unternehmen oder der Fälle, in denen wir aktiv geworden sind, ist mit der Liste nicht verbunden oder beabsichtigt. Es handelt sich lediglich um eine Orientierung für (potentielle) Mandanten, die wissen möchten, ob wir das Unternehmen - aus der Perspektive des Rechtsanwalts - in einigen Bezügen kennen. Unsere Liste ist im Übrigen völlig wertfrei, zudem wir gerade in Fällen, in denen wir mehrfach mit einzelnen Unternehmen zu tun hatten, aus der Natur der Sache heraus differenzierte Erfahrungen machen. Die Liste ist unvollständig, weil wir wegen der Zahl der Mandate nicht jeden Arbeitgeber nennen können und bezieht sich vor allem auf Unternehmen, die kanzleinäher gelegen sind.

A. Schulman GmbH
ABA Personal GmbH
ALDI GmbH & Co. KG
Agfa HealthCare GmbH
Audi Zentrum Stuttgart GmbH
AXA Konzern AG
Bäckerei Hoefer GmbH 
Bäckerei Schell GmbH
Beckdorin Kollagenfolien GmbH
BetaTEch GmbH
BKK Anker-Lynen-Prym (jetzt: BKK ALP plus)
BHG Bahnhofs-Handels-Vertriebs GmbH
BRAIN FORCE Software GmbH
Bundesamt für Naturschutz
Bundesamt für Verfassungsschutz
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
Bundesinstitut für Berufsbildung
Bundes-Pensions-Service für Post und Telekommunikation e. V. 
Bundesverwaltungsamt
BWI Systeme GmbH
Caritasverband für die Stadt Köln e. V.  
Caritas-Jugendhilfe GmbH
  Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbH (CBT)
CEMEX Deutschland AG  
CenterConsult GmbH
Corsten Jugendhilfe GmbH
Daimler AG
DATA BECKER GmbH & Co.KG  
Detecon International GmbH
Deutscher Bundestag
Deutscher Heilbäderverband e. V.
Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ)
 Deutsche Knochenmarkspenderdatei gemeinnützige Gesellschaft mbH (DKMS)
Deutsche Post AG
Deutsche Telekom AG
Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.
Deutsche Welle Anstalt des Öffentlichen Rechts
Deutsche Welthungerhilfe e.V.
Diakonisches Werk
DM Drogerie Markt GmbH u. Co. KG
Dursol Fabrik Otto Durst GmbH & Co. KG
ECHO Broadband GmbH
Erzbistum Köln Generalvikariat
Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen GmbH
Falk & Ross Group Europe GmbH
FASHION FC CLUB GmbH
f & m Satz & Druckerei GmbH und Co
Flughafen Köln Bonn GmbH
Galeria Kaufhof GmbH  
Gebäudereinigung+Dienstleistungs Impuls GmbH
Generali Holding AG
Gigaset Communications GmbH  
Gothaer Versicherungsbank VVaG
Graphic Packaging International GmbH
Grey Computer Cologne GmbH
Haema AG
Hydro Aluminium Deutschland GmbH
IFBE med. Institut für berufsbezogene Erwachsenenbildung GmbH
IMS Software GmbH
INFOX Verwaltungsgesellschaft mbH
Interdean AG
IIP-Technologies GmbH
International Paralympic Committee
INTERSEROH Dienstleistungs GmbH
iplas Innovative Plasma Systems GmbH
Johanniterhaus Evangelisches Alten- und Pflegeheim Beethovenallee e.V.
J.J. Ohrem GmbH & Co. KG
Johnson Controls IFM Industrie GmbH
Kamps Bakeries GmbH
Kautex Textron GmbH & Co. KG
Kessko Kessler & Comp. Gmbh & Co KG
Koelnmesse GmbH
Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt)
Kuttig Computeranwendungen GmbH
Land NRW - Polizeipräsident Bonn
Land Rheinland-Pfalz
Lebenshilfe Wohnverbund GmbH
Lindenberg-Anlagen GmbH
3M Deutschland GmbH  
Magdalinski Karosseriebau OHG
Magistrat der Kreisstadt Limburg an der Lahn
Mammographie-Screening
Marienhaus GmbH
Medizinische Einrichtungen der Universität Bonn (heute: Universitätsklinikum Bonn)
Messer Industriegase GmbH
Metek GmbH
Mosblech & Partner GmbH
mz robolab GmbH
Niederberger Großbauten-Reinigung GmbH & KG
Pesch & Partner Steuerberater-Sozietät
Piepenbrock Dienstleistungsgruppe GmbH + Co. KG
Plancal GmbH
Polizeipräsidium Bonn  
PSB / Presse Service Bonn GmbH & Co.KG
QSC AG
RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V.
Regionalverkehr Köln GmbH (RVK)
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Robert Bosch GmbH 
RTE GmbH
SENKRECHT IT GmbH
Senioren Residenz Brühl Nitsche gemeinnützige Gesellschaft mbH
SGL Carbon GmbH
SHD Einzelhandelssoftware GmbH & Co. KG  
Siegwerk Druckfarben AG
SMI-Hyundai Management GmbH
Sony Deutschland GmbH
Sovtransavto Deutschland GmbH
 SPORTARENA GmbH
Statistisches Bundesamt
Stadt Bonn
Stadt Köln
Stadt Sprockhövel
Stadtteilverein Dransdorf e.V.
 Stadtwerke Bonn
Stadtwerke Köln GmbH  
Start Zeitarbeit NRW GmbH
St. Franziskus-Krankenhaus Eitorf gGmbH
Stiftung Carl Kreuser jr. Altenheim
Stiftung für ehemalige politische Häftlinge  
Team GmbH
TeamBank AG
Telekom Deutschland GmbH
Texa OHG 
Theodor Fliedner Stiftung
Tigges GmbH & Co. KG
T-Systems International GmbH
UCB GmbH
United Parcel Service Deutschland Inc. & Co. OHG
Universitätsklinikum Essen - Anstalt des öffentlichen Rechts
Universitätsklinikum Giessen und Marburg GmbH
Verband der privaten Krankenversicherung e.V.
Verbandsgemeindeverwaltung Asbach  
Vereg G.m.b.H
Verein für Gefährdetenhilfe gemeinnützige Betriebs-GmbH
J. WECK GmbH u. Co. KG
WDR Mediagroup GmbH 
Westdeutscher Rundfunk Köln
Wirtschaftsberatung Lütz
WKW-SUMA GmbH

Zweites Deutsches Fernsehen Anstalt des öffentlichen Rechts

Montag, 16. September 2013

Aktuelle Tendenzen Mobbing Beamte

Immer wieder sind auch Verwaltungsgerichte aufgerufen, Mobbing-Entscheidungen zu treffen. Dabei stellen sich hier dieselben Probleme wie in Arbeits- und Anstellungsverhältnissen. Allerdings kann es hinsichtlich der Frage des Schadensersatzanspruchs Besonderheiten geben. Das VG Ansbach hat im Juni 2013 gegen einen Beamten entschieden, der eine Klage wegen Verletzung der Fürsorgepflicht erhoben hat. Die - wie das Gericht betont! - "zehnseitige(n) Aufstellung" von Ereignissen, auf die sich der Kläger ohne weitere Erläuterung berufe, umfasse eine Vielzahl von Vorfällen in äußerst knapper und für einen Außenstehenden teilweise nur schwer verständlichen Art und Weise.  Das reiche nicht zu erkennen, dass es sich hier um ein systematisches Vorgehen gehandelt hat oder ob stattdessen Konflikte aus einer anderen Sphäre resultieren, die nichts mit der Verletzung der Fürsorgepflicht zu tun habe. Der Vortrag sei nicht substantiiert genug. Das ist eine geradezu klassische Begründung. 


Das VG Regensburg hat im März 2013 zu den Voraussetzungen einer "Mobbing-Klage" Ausführungen gemacht. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Leistungsklage sei es, dass der behauptete Schadensersatzanspruch einschließlich Schmerzensgeld vom Kläger vor Erhebung der Klage gegenüber dem Beklagten im Wege des Antrags geltend gemacht wird. Eine Ankündigung reicht nicht. Es bedurfte daher keiner weiteren Prüfung, ob unter dem Gesichtspunkt einer behaupteten Verletzung der Fürsorgepflicht (Art. 45 BeamtStG) ein Beamter Schmerzensgeldansprüche im Verwaltungsrechtsweg gegen seinen Dienstherrn geltend machen kann.  Ob eine schuldhafte Verletzung des Dienstherrn nach § 618 BGG ein Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB begründen könne, auch wenn keine unerlaubte Handlung vorliegt, sei streitig.  Soweit Schadensersatzansprüche scheitern, wären auch Schmerzensgeldansprüche nicht begründet.  

Rechtsanwalt Dr. Palm

Donnerstag, 12. September 2013

Mobbing Antimobbing Täter Opfer Rechtsanwalt

Unsere Erfahrung 

Wir haben in vielen Prozessen und außergerichtlichen Verfahren auf diesem Gebiet eine umfassende Erfahrung und helfen Ihnen gerne weiter. Wir haben zahlreiche Verfahren dieser Art betrieben. Wir warnen aber davor, diese Auseinandersetzungen, gerade wenn es zum Prozess kommt, für "Spaziergänge" zu halten. Wir erleben immer wieder, dass Mandanten meinen, das Gericht müsse ihre Ansprüche doch recht schnell erkennen und entsprechend entscheiden. Das ist naiv. Wer die Auseinandersetzung fürchtet, weil es ihn psychisch zu sehr belastet, sollte den Prozess auch nicht führen. Denn Prozesse dieser Art sind nur sinnvoll zu führen, wenn man sich Klarheit verschafft, dass alte Wunden auch wieder aufgerissen werden können. Wer dieses ungeschriebene Prozesshindernis überwindet, sollte sich an die Regel halten, dass es zumindest der Versuch wert sein kann, Mobbing-Praktiken anzuprangern und auch der Prozess selbst mitunter eine Sanktionswirkung besitzen kann.
 
Mobbing ist ein vielschichtiger Prozess, der nicht nur durch Klagen bei Arbeitsgerichten zu bekämpfen ist. Wer sich gegen Mobbing wehrt, sollte auch über Antimobbing-Strategien nachdenken, die nicht allein eine rechtliche Dimension haben. Denn Mobbing ist nicht lediglich Schicksal, sondern es gibt Täter- und Opferkonstellationen, die psychologische Gründe haben. Bevor man zum Opfer wird, gibt es regelmäßig eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die vor allem darin bestehen, dem "Mobber" klar zu machen, dass seine Verhaltensweisen letztlich auf ihn zurückfallen könnten. Äußerst wichtig ist es, den Anfängen zu wehren. So erzählte uns ein Mandant, dass der später sehr aktive Mobber die erste Begegnung so gestaltet habe, dass er seine Füße auf den Schreibtisch des Mandanten legte. Das sind unangenehme Machtgesten, die man sich grundsätzlich nicht gefallen lassen sollte. Regelmäßig geht es um verächtliche Gesten, um Herabwürdigungen durch offene oder verdeckte Bemerkungen, die man sofort thematisieren sollte. 

Wer hier schweigt, schafft die besten Voraussetzungen, in der Folge zum Opfer zu werden. Letztlich geht es um ein Arsenal der Verteidigung, das als letztes Mittel die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe bis hin zu Strafverfahren bieten mag. Die rechtlichen Möglichkeiten beschreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit so: "Ermahnung, Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung des Mobbingtäters." Aber dann muss ja auch die Einsicht beim Chef gereift sein, dass bestimmte Verhaltensweisen von Mitarbeitern nicht mehr hinzunehmen sind. Oft beobachten wir, dass Arbeitgeber Vorgesetzte in Schutz nehmen, auch wenn die Verhaltensweisen mehr als dubios sind. Gegen solche betriebspsychologischen Muster ist nicht leicht anzukämpfen. Eine außerprozessuale Überzeugungsbildung scheitert dann an Problemverdrängung.  

Manche Rezepte klingen einfach und sind doch in der Praxis kaum umzusetzen. So liest man im SPIEGEL-Online im Mai 2012 "Wie Sie Ihren Chef verklagen" einiges über Strategien, wo man im Blick auf die konkrete Gerichtspraxis den Lesern wünscht, dass es tatsächlich so läuft wie dort beschrieben. Denn Klagen gegen den Arbeitgeber führen regelmäßig zu viel Streit und die Moderierungsversuche der Arbeitsgerichte werden oft genug von beiden Seiten abgelehnt. 

Welche Lösung man auch immer wählt: Gradmesser kann nur die Frage sein, ob die Bedingungen am Arbeitsplatz noch erträglich sind oder man lieber ein Ende mit Schrecken wählt. Denn aus Gesundheitsgründen sind zu lange Leidenszeiten fatal. Das rechnet sich nie. 

Mobbing

Bevor das Mobbing-Opfer den Arbeitsvertrag selbst kündigt und eine Sperrzeitverhängung (§ 144 Abs. 1 SGB III - Wichtiger Grund gemäß § 144 Abs. 1 SGB III für die Aufgabe einer Beschäftigung nur dann, wenn es sich für den betroffenen Arbeitnehmer um Nachteile von besonderem Gewicht handelt, vgl. SG Wiesbaden - S 11 AL 499/98), kann er auch seine Arbeitskraft nicht mehr zur Verfügung stellen.

Das Fernbleiben eines Arbeitnehmers vom Dienst kann insgesamt dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer sich auf ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der Arbeitsleistung gemäß § 273 BGB wegen einer Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers berufen kann oder es dem Arbeitnehmer aus sonstigen Gründen, etwa wegen einer akuten Gefährdung von Leib und Leben, unzumutbar ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Gem. § 273 Abs. 1 BGB kann der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung ausüben, wenn der Arbeitgeber mobbt oder er weiß, dass Mitarbeiter den Betroffenen mobben, er aber keine Gegenmaßnahmen ergreift. 

Das ist allerdings oft schwieriger, als sich sich das anhören mag. Liegt eine Fürsorgepflichtverletzung des Arbeitgebers vor, darf der Arbeitnehmer von seinem Zurückbehaltungsrecht erst dann Gebrauch machen, wenn er den Arbeitgeber konkret auf die Verletzungshandlung hingewiesen und ihm Gelegenheit auch in zeitlicher Hinsicht eingeräumt hat, die beanstandeten Missstände abzustellen (LAG Frankfurt - 26.08.1997 - 7 Sa 535/97). Das Zurückbehaltungsrecht muss ausdrücklich oder konkludent geltend gemacht werden, es sollte also gegenüber dem Arbeitgeber eindeutig schriftlich ausgeübt werden. Es wird auch vertreten, dass im Fall von Mobbing die Leistung unzumutbar ist und daher ein Leistungsverweigerungsrecht für den Arbeitnehmer aus § 242 BGB besteht. 

Betriebsrat

Wenn man gemobbt wird, sollte man auf jeden Fall den Arbeitgeber und Betriebsrat kontaktieren. Man kann über die konkrete Betroffenheit hinaus auch vorschlagen, eine Betriebsvereinbarung zu realisieren, die sich dem Phänomen widmet, Schiedsstellen oder sonstige Anrufungsinstitutionen schafft, um das Problem breiter aufzufangen. Sicher gibt es solidarische Hilfe von anderen Mitarbeitern, wenn man die Interessenlage deutlich macht. Denkbar bis notwendig kann es sein, einen Mobbing-Beauftragten im Betrieb einzusetzen, weil die Institutionalisierung des Themas eine sehr fundamentale Bedeutung hat, um auch prophylaktische Vorkehrungen zu treffen. Deshalb gilt auch als Grundregel im Umgang mit dem "Mobber" selbst: Thematisieren Sie das Mobbing gegenüber  Vorgesetzten und Chef. Der  Arbeitgeber muss dann auf Grund seiner Fürsorgepflicht handeln. Betriebsrat und Kollegen sollten auch mit dem Thema massiv konfrontiert werden, sodass eine breite Öffentlichkeit entsteht, in der sich der Mobber nicht mehr so verstecken kann. Denn es liegt im Wesen solcher Verhaltensweisen, verdeckt zu operieren.  

Reicht das nicht, kann man die Versetzung oder Umsetzung verlangen, um nicht länger mit dem Mobber konfrontiert zu sein.


Ultima ratio: Kündigung oder Aufhebungsvertrag

Vor einer Kündigung kann man - wie oben ausgeführt - die Arbeitsleistung verweigern, um dem Arbeitgeber unter Druck zu setzen. Allerdings sollten die Nachweismöglichkeiten - sowohl im Fall der Ausübung des Zurückbehaltungsrecht und ohnehin im Fall der äußerst gefährlichen Eigenkündigung - gut sein, dass man "gemobbt" wurde, sonst könnte das Verhalten nachher als Arbeitsverweigerung gedeutet werden. POINTER.jpg (11363 Byte)Sammeln Sie also Beweise, am besten auch mit der Möglichkeit, in einem Prozess Zeugen zu benennen. Ein Mobbing-Tagebuch könnte dabei besonders sinnvoll sein, wenn nicht unabdingbar. 

Im Einzelnen ist es hilfreich, das Verhalten mit einem Rechtsanwalt abzustimmen, um eine effektive Strategie zu entwickeln. Dabei werden auch die Stichworte Schadenersatz, Strafanzeige und Unterlassungsansprüche ausführlich abzuhandeln sein. 
smcheckico.gif (1689 Byte)Last, but not least: Machen Sie sich nicht die Vorwürfe des Mobbers heimlich zu eigen. Wir beobachten ständig, dass gemobbte Mitarbeiter sich zwar keiner Schuld bewusst sind, aber insgeheim an sich selbst zu zweifeln beginnen. Mitarbeiter, die besonders in den Dimensionen von Über-Unterordnungsverhältnissen denken, sind vermutlich stärker gefährdet. Lassen Sie sich durch unsubstantiierte Vorwürfe nicht beeindrucken! Das ist Teil des Spiels. Die größte Gefahr für den Gemobbten ist an sich selbst zu verzweifeln und den wahren Übeltäter nicht zur Rechenschaft zu ziehen. 

Ohne ein Minimum an Einblick in die psychosozialen Strukturen des Mobbing wird man dieses Phänomen nicht verstehen. Die juristischen Kategorien und Prozeduren vermögen nur teilweise dieses Phänomen zu erfassen. Wer an der Prävention interessiert ist, kann hier (externer Link) weitere Hinweise zu geeigneten Strategien finden. 

Schicken Sie uns gerne ein Email, um Ihren Fall zu erörtern.  

Mobbing Erfahrungen Betrachtungen Rechtsanwalt

Mobbing - eine Reise in die Schattenwelt der Unternehmen  

"Mobbing" ist ein prominentes Thema der Medien. Das verwundert nicht, weil uns hier menschliche Dramen im Schnittpunkt existenzieller Nöte, gesteigerter Emotionen und harter juristischer Auseinandersetzungen präsentiert werden. Es geht um Leidensgeschichten, die für viele nachfühlbar sind, die selbst Ungerechtigkeiten am Arbeitsplatz erlebt haben. Wer kann sich von solchen Erfahrungen völlig freizeichnen? Zwar ist der Name neu, doch Ausgrenzungen von Menschen aus Lebens- und Arbeitszusammenhängen sind so unvordenklich alt wie das Thema "Gerechtigkeit" selbst. Das alleine mag noch nicht ausreichend sein, die aktuelle Prominenz des Themas zu erklären. Es geht zugleich um die Art und Weise, wie Gesellschaften in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten mit diesem Phänomen umgehen. Wie schwer es Gesellschaften fällt, Mobbing zu erkennen, zu verhindern und zu ahnden, demonstriert bereits prima vista der ungezügelte Streit über das Thema. Was den einen als menschenverachtender Repressionstatbestand erscheint, wird von anderen als zwar konfliktreiche, aber letztlich doch sozialadäquate Unternehmenspraxis angesehen. Mobbing erscheint paradigmatisch für die Abgründe von Arbeitsstrukturen, die sich mit dem Selbstverständnis erfolgreicher Unternehmen nicht vereinbaren lassen. Die marxistische Theorie hätte zuvor von Widersprüchen in der Arbeitswelt gesprochen, die notwendig in einer kapitalistischen Produktionswirklichkeit auftreten. Mit diesen oder anderen Theorien würden sich unter den Auspizien eines idealen Menschen Phänomene wie "Mobbing" auflösen. Solche Theorien versagen wohl auch in Zukunft vor der Komplexität menschlicher Beziehungen, die sich nicht auf Synergie, Interessenausgleich und  Harmonisierung unterschiedlicher Persönlichkeiten reduzieren lassen.  

In Gesellschaften, die mit harten wirtschaftlichen Konkurrenzbedingungen und insbesondere Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben, wird Mobbing wahrscheinlicher. Der Kampf um den Arbeitsplatz heiligt dann die perfiden Mittel. Der Kollege mit den besseren Kenntnissen oder der uneinholbaren Erfahrung wird zur realen oder eingebildeten Gefahr. Der Vorgesetzte mobbt Untergebene in das Abseits, um seinen Platz in der Unternehmenshierarchie zu sichern. Volkswirtschaftlich betrachtet ist Mobbing katastrophal, weil es oft darauf gerichtet ist, wertvolle "Human Resources" aus dem Unternehmen zu verbannen. Es bindet im täglichen Grabenkrieg der Kontrahenten Energien, die dem Unternehmen nicht mehr zufließen. Es beeinträchtigt Kommunikationen und Erfahrungsaustausch. Mobbing zerstört das Betriebsklima und die Arbeitsfreude. Im Zusammenhang mit modernen Stressoren am Arbeitsplatz treten Burnout und ähnliche Erschöpfungszustände auf, die Menschen jahrelang belasten oder endgültig dem Arbeitsmarkt entziehen. Familiäre Folgewirkungen gehen mit mobbingbedingten Arbeitsplatzverlusten einher, die eine Existenz nicht nur wirtschaftlich ruinieren können.  

Obwohl diese Effekte längst bekannt sind, ist das augenscheinlich nicht Grund genug, das Mobbing als Defekt eines produktiven menschlichen Umgangs miteinander wirksam zu bekämpfen. Nachvollziehbar wird das nur durch die je spezifischen Erscheinungsweisen des Mobbing. Hinter der Oberflächenfassade der Kooperativität, des Zusammenwirkens zum höheren Unternehmenszweck und gemeinsamer Interessen verlaufen zahlreiche Frontlinien zwischen Mitarbeitern auf horizontaler Ebene oder zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzen auf vertikaler Ebene. In großen Unternehmen können Mobbing-Strukturen so komplex wie geradewegs unsichtbar werden. Ich erinnere mich an die paradigmatische Aussage eines Mandanten, der in einem großen Unternehmen arbeitete und lediglich erkannte: "Ich weiß, dass ich hier einen Feind habe, aber ich weiß nicht, wer es ist und welche Gründe er hat." Diese Art von Intransparenz passt nicht zu rationalen Unternehmensstrukturen, die vorgeblich die Unternehmenspraxis prägen. Es wäre ein gewaltiger Erkenntnisfortschritt zu begreifen, dass die personalen Unternehmensstrukturen sich nicht im Hinweis auf Unternehmensziele, Funktionen und Organigramme erschöpfen. So wie der Homo oeconomicus längst als Fiktion entlarvt ist, so existieren weder Vorgesetzte noch Mitarbeiter, die ihre Persönlichkeit am Werkstor zurücklassen.  
Es gibt selten Unternehmer, die einräumem, in ihrem Unternehmen werde gemobbt. Das verdankt sich einerseits dem Umstand, dass hier den Unternehmer hohe Schadensersatzklagen treffen können, die ihrer Fürsorgepflicht für den Arbeitnehmer nicht oder nicht im gebotenen Maß nachgekommen sind. Auch lässt die "corporate identity" nicht zu, dass destruktive Energien im eigenen Unternehmen verortet werden. In Zeiten, in denen große Budgets für Imagewerbung von Unternehmen ausgegeben werden, ist „Mobbing“ das Unwort schlechthin. In außerprozessualen Auseinandersetzungen ist es mitunter opportun, nicht von Mobbing, sondern von Persönlichkeitsrechtsverletzungen oder der Vernachlässigung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zu sprechen. Der explizite Mobbing-Vorwurf stößt zu oft auf eine Mauer des Schweigens und kann den Konflikt noch verschärfen. Das macht Analysen des Sachverhalts und insbesondere juristische Auseinandersetzung äußerst schwierig. Denn es gibt prinzipiell keine gesellschaftlich umfassende Rezeption des Phänomens, sondern "nur" Betroffenheitsberichte, die a priori unter dem Vorbehalt einer einseitigen, leidensorientierten Selbstdarstellung stehen. Der arbeitsgerichtliche Prozess ist jederzeit gefährdet, zur Fortsetzung von Mobbingstrategien mit anderen Mitteln zu werden. Hier geht es um Konfrontation, nicht um Aufarbeitung.  
Eine zufrieden stellende Problemlösung des Mobbing gibt es nicht, weil es an effizienten Institutionen und Mitteln fehlt. Für das Unternehmen selbst ist der Konflikt so geprägt, dass er - wie immer auch entschieden werden mag - vordergründig nur negative Auswirkungen hat. Denn die Ermittlung von Sachverhalten stellt nicht nur hohe Anforderungen von Unternehmen, die kaum geeignete Verfahren dafür besitzen. Bereits per se ist die Problemaufbereitung, die Involvierung von Vorgesetzten und Mitarbeitern, die Suche nach Zeugen etc. geeignet, den Betriebsfrieden zu stören. Das Problem wiederholt sich auf gerichtlicher Ebene unter verschärften Umständen. Auffallend ist bereits die Diskrepanz zwischen den extensiven Mobbing-Diskussionen in der Öffentlichkeit und der Verhaltenheit der Gerichte, Entscheidungen zu treffen, die diesen Missstand auch deutlich zum Ausdruck bringen. Zahlreiche Verfahren dieser Art enden mit Vergleichen, die zwar Parteien und ihre Rechtsverfolgungsinteressen befriedigen mögen, aber eben nicht anzeigen, das "Mobbing" sanktioniert wird. Die Vokabel ist bereits verpönt. Gerichte sind fraglos nicht beauftragt, der öffentlichen Meinung und ihren volatilen Stimmungen zum Ausdruck zu verhelfen. Aber wieso beklagen sich zahllose Arbeitnehmer vehement über Mobbing und bleibt gleichzeitig die Zahl erfolgreicher Klagen so höchst überschaubar? Sind das Heerscharen querulatorischer Mitarbeiter, die die Schuld für persönliches Versagen nicht bei sich, sondern anderen suchen?  

Definitiv ist Mobbing kein Tatbestand, der von der Rechtsprechung durch einfache Subsumtion leicht festgestellt werden. So formuliert das Oberlandesgericht Köln: "Festzuhalten ist zunächst, dass ´Mobbing´ kein Rechtsbegriff ist und erst recht keine Anspruchsgrundlage, sondern ein volkstümlich gewordener Sprachbegriff, mit dem eine Vielzahl unterschiedlicher, fortgesetzter Konfliktsituationen am Arbeitsplatz beschrieben wird, welche von mindestens einem der Betroffenen als gegen seine Person gerichtet und schikanös empfunden wird." (OLG Köln vom 24.05.2012 - 7 U 207/11 - juris). "Im Einzelfall können daher aus innerbetrieblichen Konflikten zwischen Kollegen bzw. zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten" Ansprüche entstehen. Das heißt, dass es zunächst nur um Empfindungen geht, das Verhalten des Gegenübers handele schikanös. Dieser Relativierung folgt die nächste: In der Grundannahme des Gerichts geht es um Einzelfälle. Doch es gibt noch weitere Ausschlussfilter solcher Ansprüche. Die Rechtsprechung unterscheidet danach, ob es sich um sozial adäquate Konfliktsituationen oder eben "Mobbing" handelt. Diese Unterscheidung ist für den Richter schwer zu treffen, denn welche Außenbetrachtung solcher Konflikte vermag schon die Sozialadäquanz eines betrieblichen Verhaltens anzugeben. Gerade im Fall von  Mobbing-Praktiken wird das zu einem konstitutiven Erkenntnisdilemma, weil gerade nach außen hin das Profil sozialadäquaten Verhaltens gar nicht verlassen sein muss. Der Richter stößt hier auf das Problem, eine Betriebswirklichkeit untersuchen zu müssen, ohne sich einen unmittelbaren Eindruck davon verschaffen zu können. Das kennzeichnet zwar eine generelle Eigenschaft richterlicher Überzeugungsbildung. Im Fall des Mobbing tritt aber hinzu, dass es oft keine gut beschreibbaren äußeren Umstände gibt, die etwa so deutlich wie im Fall einer Körperverletzung eine greifbare Verletzungshandlung darstellen und dem zugeordnet einen entsprechenden Verletzungserfolg aufweisen. Wer beispielsweise einem Mitarbeiter schikaniert, in dem er ihm unklare oder unvollständige Instruktionen gibt, um Fehler zu begünstigen, ist in der Tatsachenrekonstruktion oft nur schwer als Mobber zu erkennen. Denn wer vermag später noch zu entscheiden, ob Aussagen mehr oder weniger deutlich gemacht wurden oder nicht doch der Fehler beim Mitarbeiter liegt. Begrifflichkeiten wie "er hat mich schief angesehen" oder "sein Ton war aggressiv" können falsch interpretierte Persönlichkeitssignale sein oder vorsätzliche Anfeindungen. Dieses breite Interpretationsfeld menschlicher Verhaltensweisen, die oft im Bereich  emotionaler Zwischentöne liegen,  bildet eine Grauzone, die das ideale Biotop des Mobbers darstellt. „Mobber“ sind nicht lediglich psychologisch leicht durchschaubare Persönlichkeitstypen, sondern, so wie Gelegenheit Diebe macht, abhängig von konkreten Umständen der Betriebsorganisation und –kommunikation. Mobber tauchen in Unternehmen vor allem da auf, wo ihre Praktiken der Beobachtung entzogen sind, weil Kontrollen fehlen oder die Mobbing-Techniken gut getarnt werden können. Mobbing ist deshalb so gefährlich, weil es wie ein Chamäleon in betrieblichen Abläufen verschwindet. Da werden unfreundliche Akte in der Bandbreite üblichen menschlichen Verhaltens versenkt, während die Opfer sehr genau spüren, wie es gemeint war. Doch dieses Sensorium ist intersubjektiv und insbesondere in gerichtlichen Erkenntnisverfahren schlecht bis gar nicht vermittelbar.  

Die wohl einhellige Auffassung der Rechtsprechung fordert zudem ein "systematisches Verhalten" auf Seiten des Mobbers. Wer angelegentlich oder mit großen Unterbrechungen andere schikaniert gehört nicht in diese Kategorie des rechtlich definierten "Mobbing". Aber selbst hier ist noch nicht klar konturiert, wie die soziale Angemessenheit konturiert werden soll. Das Oberlandesgericht München (Entscheidung vom 04.05.2012 - 1 U 1227/12 - juris) geht etwa davon aus, dass "nicht schon wiederholte, den Einzelnen treffende auch herbe Kritik seiner Person oder seiner Leistung oder der Verzicht auf anständigen, rücksichtsvollen Umgang mit Schwächen das Persönlichkeitsrecht" verletze. Wenn der Verzicht auf Rücksicht keine Verletzung darstellt, scheint sich das Erkenntnisproblem des verantwortlichen Richters noch weiter zu verschärfen. Vor allem aber könnte diese Freistellung des Handelnden von Rücksicht den dadurch Betroffenen nur noch schwer vermittelbar sein, wenn es im Klartext doch heißt, dass Gerichte solche Verhaltensweisen unangestandet passieren lassen. Juristen fragen nach konkreten Folgen und manifesten Tatbeständen, die eine objektive Kontur besitzen müssen, wenn sie beurteilt werden sollen. Insofern bleiben arbeitsgerichtliche Überprüfungen fragile Instrumente der Problembehandlung.  

Hierin liegt eine gefährliche Ambivalenz, weil die Schwierigkeiten, die das Mobbing auslöst, einschließlich der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung, insgesamt geringer sein können als angemessene innerbetriebliche Problemlösungen. Mobbing wird regelmäßig an der Frage festgemacht, ob Mitarbeiter entlassen werden können. Das Damoklesschwert einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung trifft keinesfalls die Täter eher als die Opfer. Denn eine Störung wird dadurch beseitigt, dass ein Beteiligter freiwillig oder eben unfreiwillig das Unternehmen verlässt. Zahlreiche Kündigungsverfahren führen also nicht zufällig den Mobbingvorwurf wie ein latentes Leitmotiv mit sich. Arbeitsgerichte suchen hier nach effektiven Lösungen, die regelmäßig dem Prinzip der Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes folgen. So wird eine Abfindung gezahlt, die mehr oder minder zum Ausdruck bringen kann, dass es Unregelmäßigkeiten gab. Vergleiche bieten den immensen Vorteil, dass aufwändig ermittelte Schuldzuweisungen erst gar nicht vorgenommen werden müssen.  


Näher betrachtet begründet „Mobbing“ also ein immer noch offenes Zuständigkeitsproblem der Gesellschaft, dessen Ausdruck und nicht Lösung die Mobbing-Beauftragten, Mobbing-Konferenzen und Mediatoren vieler Couleur sind. Zwar hat man einige Ursachen des Phänomens erkannt, aber ist längst nicht in der Lage, wirklich effiziente Problemlösungsverfahren anzubieten. Die die Mobbing-Beauftragten und Mobbing-Konferenzen, die „rules of conduct“ oder „compliance guides“ erscheinen wie Selbstberuhigungen des Unternehmens, dass personale Probleme grundsätzlich lösbar sind – so wie wirtschaftliche Aufgaben auch  als planbar gelten, so wenig das chaotische Entwicklungen je erklärt hätte. Bessere Arbeitsbedingungen wären nur dann zu gewährleisten, wenn die gesellschaftliche Wahrnehmung für diese spezifische Aggressionsform des Arbeitslebens innerhalb und außerhalb der Unternehmen besser würde.

Wenn Sie auch das Gefühl peinigt, Sie kämen aus einer solchen Situation nicht mehr heraus, kontaktieren Sie uns. Wir sind bereit, äußerst kurzfristig mit Ihnen die Chancen zu erörtern, wieder in angemessener Weise Ihrer Arbeit nachzugehen. Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Dienstag, 10. September 2013

Beamtenrecht - Wichtige Links - Rechtsanwalt

Neben dem Arbeitsrecht befassen wir uns ständig mit Fragen des Beamtenrechts, sodass hier nur Themen erörtert werden, die in unserer täglichen Praxis behandelt werden. Wir stellen hier einige der von erarbeiteten Seiten zum Beamtenrecht vor, diese Seiten werden permanent aktualisiert, sodass sich ein wiederholter Besuch lohnen könnte. Hier einige der Themen:  


Bei konkreten Fragen können Sie uns gerne eine Email schicken - Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm. 


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Freitag, 6. September 2013

Schwangerschaft Arbeitgeber Frage Schadensersatz AGG

Wie "gefährlich" ist die Frage nach der Schwangerschaft?
Die Parteien eines Anstellungsvertrags stritten über Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche, die die Klägerin geltend machte, weil sie sich wegen ihres Geschlechts durch die Beklagte benachteiligt sah. Auf den Wunsch der Klägerin nach einer Erhöhung ihrer Arbeitszeit erhielt sie eine Mail von der Beklagten: "Ich will ganz offen sein. Für eine Frau in Ihrem Alter ist es "normal" schwanger zu werden und Kinder zu bekommen. Wir von M. freuen uns über jeden neuen Erdenbürger - müssen jedoch Rücksicht auf unternehmerische Belange nehmen ... Bitte teilen Sie mir mit, welche Pläne Sie  haben: Ist eine Schwangerschaft 2012 möglich bzw. gewollt - oder können Sie das für nächstes Jahr ausschließen?" Im weiteren Verlauf kündigte man der Klägerin. 
Das ArbG Düsseldorf entschied am 12.03.2013  - 11 Ca 7393/11: Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 10.833,78 EUR gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG. Danach sind Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund nach Maßgabe des AGG unzulässig in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt- und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg. Nach Auffassung der Kammer schließe § 2 Abs. 4 AGG jedenfalls im Falle der Benachteiligung wegen des Geschlechts die Geltendmachung eines Anspruchs auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht aus. Die Beklagte habe gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 1. Hs. AGG verstoßen. Die Beklagte habe die Klägerin zum einen durch die Ablehnung ihres Wunsches nach Erhöhung ihrer Arbeitszeit und zum anderen durch Ausspruch der Kündigung unmittelbar wegen ihres Geschlechts benachteiligt.  

Es bestünden auch konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine hypothetische männliche Person in der Situation der Klägerin günstiger behandelt worden wäre. Die Möglichkeit einer Schwangerschaft stelle dabei ein Merkmal dar, das in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Geschlecht der Klägerin steht. Die mehrfache Verknüpfung dieser Möglichkeit mit der Personalplanung des Unternehmens und der Ablehnung des Wunsches der Klägerin nach einer Arbeitszeiterhöhung legten daher konkret nahe, dass eine hypothetische männliche Person in der Situation der Klägerin mangels Möglichkeit einer Schwangerschaft eine günstigere Behandlung erfahren hätte.  

Weiterhin habe die Klägerin auch durch die Kündigung eine weniger günstige Behandlung erfahren, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfahren hat. Denn ihr sei gegenüber als einziger Mitarbeiterin der Beklagten am Standort Düsseldorf eine Kündigung ausgesprochen worden. Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter "Indizien" und "vermuten" wird deutlich, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen. Danach ist zwar nicht zwingend der Schluss auf die Kausalität zugelassen, aber die Annahme gerechtfertigt, dass die Kausalität gegeben ist. Solche Vermutungstatsachen können beispielsweise in Äußerungen bzw. Fragen des Arbeitgebers, in Verstößen gegen Verfahrensvorschriften, die der Förderung eines bestimmten Personenkreises dienen, in sonstigen Verfahrenshandlungen, wie einer Stellenausschreibung unter Verstoß gegen § 11 AGG, im Einzelfall auch in statistischen Daten begründet sein. Werden vom Arbeitnehmer Hilfstatsachen dargelegt, die für sich genommen nicht zur Begründung der Vermutungswirkung ausreichen, ist vom Richter eine Gesamtschau dahin gehend vorzunehmen, ob die Hilfstatsachen im Zusammenhang gesehen geeignet sind, die Vermutungswirkung zu begründen.

Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals i.S.d. § 1 AGG (wie in diesem Fall: des Geschlechts) vermuten lassen, trage die Beklagte nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Sie müsse das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung der Klägerin nicht (auch) auf deren Geschlecht beruht hat. Damit müsse sie Fakten vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als das Geschlecht, die zu der weniger günstigen Behandlung der Klägerin geführt haben und in ihrem Motivbündel deren Geschlecht keine Rolle gespielt habe.  
§ 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räume dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung seien alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.  

Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist auch der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, so dass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben, und dass sie in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (BAG-Rechtsprechung). Bei der Festlegung der Entschädigungshöhe im Zusammenhang mit Nichteinstellungen oder Entlassungen kann dabei das Bruttomonatsentgelt ein geeigneter Maßstab sein. Mit Rücksicht auf den Sanktionszweck von § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG war aufgrund der Art und Schwere der vorliegenden Benachteiligung ein erheblicher und für die Beklagte fühlbarer Entschädigungsbetrag in Höhe des dreifachen durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt der Klägerin nach Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf 40 Stunden in Höhe von 2.381,50 EUR.
Die Fälle, die dem Rechtsanwalt vorliegen, sind nicht immer so offen diskriminierend, aber das Thema ist in Arbeitsverhältnissen oft genug mindestens unterschwellig relevant. Wenn Sie Fragen haben, kontaktieren Sie uns - Email