Samstag, 5. Dezember 2015

Weisungsrecht Versetzungen Umsetzungen Rechtsschutz Eilverfahren

Die Möglichkeiten bei einer vermeintlich ungerechtfertigten Umsetzung schnelle gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen ist begrenzt. Denn wie es das hessische Arbeitsgericht 2010 noch feststellte, wird dem Arbeitnehmer hier nicht das Recht genommen, überhaupt beschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber bietet regelmäßig die Beschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Bedingungen an. Da eine Beschäftigung in diesen Fällen also möglich ist, ist das grundrechtlich geschützte Interesse an einer Beschäftigung weniger beeinträchtigt als in den Fällen, in denen der Arbeitgeber eine Beschäftigung des Arbeitnehmers gänzlich ablehnt. Der Arbeitnehmer ist gerade nicht zur Untätigkeit gezwungen. Er kann sich weiterhin durch die Annahme der angebotenen Arbeit im Arbeitsleben verwirklichen und seine soziale Stellung nach außen halten, wie es das Gericht ausführt. Es geht in diesen Fällen zumeist um die zwischen den Parteien strittige Frage, ob die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber wirksam war oder nicht. Dem Arbeitnehmer könne es je nach Umständen auch zumutbar sein, sich anderweitig zu wehren, indem er ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) geltend macht, wenn die Beschäftigung nicht vertragsgemäß sein sollte. 

Bestehen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Konflikte, ob der Arbeitnehmer die vertraglich geschuldete Tätigkeit entsprechend bestimmter Weisungen des Arbeitgebers zu Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitstätigkeit zu verrichten hat, so ergibt sich für den Arbeitnehmer die Unsicherheit, ob er der Weisung des Arbeitgebers Folge leisten soll oder nicht. Folgt der Arbeitnehmer den Weisungen des Arbeitgebers nicht, so riskiert er, gekündigt zu werden. Daraus ergibt sich ein Interesse des Arbeitnehmers, die Wirksamkeit von Weisungen des Arbeitgebers zu Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung gerichtlich kontrollieren lassen zu können. Hierbei wird es jedoch nach der Rechtsprechung grundsätzlich als ausreichend erachtet, wenn der Arbeitnehmer eine solche Klärung im Hauptsacheverfahren herbeiführen kann. Es wird regelmäßig als zumutbar angesehen, dass der Arbeitnehmer der Anweisung zunächst Folge leistet und dann deren Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren überprüfen lässt. 

Nach durchgehender Meinung der Rechtsprechung ist im Falle der einstweiligen Verfügung bei einer Versetzungsanordnung des Arbeitgebers im Rahmen des Eilgrundes danach zu fragen, ob überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers eine Beschäftigung gerade zu den alten, unveränderten Bedingungen gebieten.Nur ausnahmsweise können die entsprechenden Anträge im Einstweiligen Verfügungsverfahren nach diesen Grundsätzen Erfolg haben. Angesichts der Herleitung des Beschäftigungsanspruchs und des komplementären Unterlassungsanspruchs auf vertragswidrige Beschäftigung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht erscheint es sachgerecht, nur solchen Begehren zu folgen, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht berühren. Das gilt, wenn die Rechtswidrigkeit der Arbeitgeberweisung offenkundig ist. Von den Fällen einer solchen evidenten Rechtswidrigkeit abgesehen erfordert die Bejahung eines Verfügungsgrundes für eine entsprechende Einstweilige Verfügung ein gesteigertes Abwehrinteresse des Arbeitnehmers, wie es bei erheblichen Gesundheitsgefahren, einer drohenden irreparablen Schädigung des beruflichen Ansehens des Arbeitnehmers, der beim schweren Gewissenkonflikten bestehen kann.  Dieses Interesse kann etwa darin bestehen, dass ein unwiederbringliche Verlust spezifischer Fachkenntnisse zu erwarten ist. Das sind natürlich äußerst auslegungsfähige Aspekte.

In solchen Fällen ist dann das Interesse des Arbeitnehmers an einer gerichtlich beschiedenen Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung gegen das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung der erteilten Weisung abzuwägen. Je mehr für den Verfügungsanspruch des Arbeitnehmers spricht, desto weniger schutzbedürftig sind die Interessen des Arbeitgebers an der Durchsetzung der angeordneten Maßnahme.  

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Sonntag, 6. September 2015

Arbeitsverhältnis Meinungsfreiheit Beleidigungen Werturteile

Grundsätzlich gilt, dass bei der Konkretisierung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 1 BGB) das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) hinreichend zu beachten ist. Der Grundrechtsschutz bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Form von Äußerungen. Selbst polemische oder verletzende Formulierungen entzögen einer Äußerung noch nicht den Schutz der Meinungsfreiheit (Landesarbeitsgericht Hamm  2012; BAG 2004). 

Doch selbst bei Äußerungen, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, muss differenziert werden. Werden diffamierende und ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte oder Kollegen nur in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen abgegeben, so kann unter Umständen die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ebenso wie die ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt sein. Denn vertrauliche Äußerungen unterfallen dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre ist Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet (BAG  2009). Der Arbeitnehmer darf regelmäßig darauf vertrauen, seine Äußerungen werden nicht nach außen getragen und der Betriebsfrieden nicht gestört bzw. das Vertrauensverhältnis nicht zerstört. Hebt der Gesprächspartner später die Vertraulichkeit auf, geht dies rechtlich nicht zu Lasten des Arbeitnehmers. Diesen Schutz der Privatsphäre und der Meinungsfreiheit kann der Arbeitnehmer lediglich dann nicht in Anspruch nehmen, der selbst die Vertraulichkeit aufhebt, so dass die Gelegenheit für Dritte, seine Äußerung zur Kenntnis zu nehmen, ihm zurechenbar wird. Das gilt beispielsweise in dem Fall, in dem er eine Mitteilung an eine - vermeintliche - Vertrauensperson richtet, um einen Dritten zu treffen.  

Im Übrigen ist nicht nur im Arbeitsrecht zu unterscheiden, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil handelt. Ein Arbeitnehmer kann sich nach dem Bundesarbeitsgericht für bewusst falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf Meinungsfreiheit aus Art 5 Abs 1 GG berufen, da solche Behauptungen nicht vom Schutzbereich des Grundrechts umfasst sind. Anderes gilt nur für Äußerungen, die ein Werturteil enthalten oder in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen. Handelt es sich bei einem Werturteil um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, dann spricht nach der Rechtsprechung die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede. 

Erweist sich das in einer Äußerung enthaltene Werturteil als Formalbeleidigung oder Schmähkritik, muss die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten. Mehrdeutige Äußerungen dürfen wegen eines möglichen Inhalts nicht zu nachteiligen Folgen führen, ohne dass eine Deutung, die zu einem von der Meinungsfreiheit gedeckten Ergebnis führen würde, mit schlüssigen, überzeugenden Gründen ausgeschlossen worden ist. Gilt für Meinungsäußerungen, insbesondere im öffentlichen Meinungskampf, eine Vermutung zu Gunsten der freien Rede, gilt dies für Tatsachenbehauptungen nicht in gleicher Weise. Ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung anzusehen ist, beurteilt sich nach dem Gesamtkontext, muss also vom Gericht interpretiert werden.

Rechtsanwalt Dr. Palm

Gegnerliste - Aktuell


Gegnerlisten sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erlaubt. In den Bereich der Berufsfreiheit fällt danach die berufliche Außendarstellung der Grundrechtsberechtigten einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste (1 BvR 721/99). Die Berufsausübungsfreiheit schließt die freie Entscheidung über die Art und Weise der beruflichen Außendarstellung ein, solange die gewählte Werbemethode nicht die Grenzen zulässiger Werbung überschreitet (1 BvR 1625/06). Durch die Aufnahme in eine zu Werbezwecken erstellte "Gegnerliste" allein wird ein Persönlichkeitsrecht der Genannten nicht verletzt. Die wahrheitsgemäße Information, jemand sei in eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung involviert, ist nicht ehrenrührig. Wir veröffentlichen hier einige Namen von Unternehmen bzw. öffentlichen/staatlichen Arbeitgebern, deren Mitarbeiter wir beraten oder gerichtlich wie außergerichtlich vertreten haben. Eine Qualifikation dieser Unternehmen oder der Fälle, in denen wir aktiv geworden sind, ist mit der Liste nicht verbunden oder beabsichtigt. Es handelt sich lediglich um eine Orientierung für (potentielle) Mandanten, die wissen möchten, ob wir das Unternehmen - aus der Perspektive des Rechtsanwalts - in einigen Bezügen kennen. Unsere Liste ist im Übrigen völlig wertfrei, zudem wir gerade in Fällen, in denen wir mehrfach mit einzelnen Unternehmen zu tun hatten, aus der Natur der Sache heraus differenzierte Erfahrungen machen. Die Liste ist unvollständig, weil wir wegen der Zahl der Mandate nicht jeden Arbeitgeber nennen können und bezieht sich vor allem auf Unternehmen, die kanzleinäher gelegen sind. 
A. Schulman GmbH
ABA Personal GmbH
ALDI GmbH & Co. KG
Agfa HealthCare GmbH
Audi Zentrum Stuttgart GmbH
AXA Konzern AG
Bäckerei Hoefer GmbH 
Bäckerei Schell GmbH
Beckdorin Kollagenfolien GmbH
Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution (BGHW)
BetaTEch GmbH
BKK Anker-Lynen-Prym (jetzt: BKK ALP plus)
BHG Bahnhofs-Handels-Vertriebs GmbH
BLM GROUP Deutschland GmbH
BRAIN FORCE Software GmbH
Bundesamt für Güterverkehr 
Bundesamt für Naturschutz
Bundesamt für Verfassungsschutz
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
Bundesinstitut für Berufsbildung
Bundes-Pensions-Service für Post und Telekommunikation e. V. 
Bundesverwaltungsamt
BWI Systeme GmbH
Caritasverband für die Stadt Köln e. V.  
Caritas-Jugendhilfe GmbH
  Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbH (CBT)
CEMEX Deutschland AG  
CenterConsult GmbH
Corsten Jugendhilfe GmbH
Daimler AG
DATA BECKER GmbH & Co.KG  
Detecon International GmbH
Deutscher Bundestag
Deutscher Heilbäderverband e. V. 
Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ)
 Deutsche Knochenmarkspenderdatei gemeinnützige Gesellschaft mbH (DKMS)
Deutsche Post AG
Deutsche Telekom AG
Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.
Deutsche Welle Anstalt des Öffentlichen Rechts
Deutsche Welthungerhilfe e.V.
Diakonisches Werk
Diakonische Wirtschaftsbetriebe Bad Godesberg gGmbH
DM Drogerie Markt GmbH u. Co. KG
DRK Landesverband Nordrhein e.V.
Dursol Fabrik Otto Durst GmbH & Co. KG
ECHO Broadband GmbH
EHI Retail Institute GmbH
Erzbistum Köln Generalvikariat
Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen GmbH
Falk & Ross Group Europe GmbH
FASHION FC CLUB GmbH  
FernUniversität in Hagen (Fern-Uni Hagen)
f & m Satz & Druckerei GmbH und Co
Flughafen Köln Bonn GmbH  
Förderverein Lokalradio Bonn und Rhein-Sieg e.V. 
Galeria Kaufhof GmbH  
Gebäudereinigung+Dienstleistungs Impuls GmbH
Generali Holding AG
Gigaset Communications GmbH  
Gothaer Versicherungsbank VVaG
Graphic Packaging International GmbH
Grey Computer Cologne GmbH
Haema AG
Hydro Aluminium Deutschland GmbH
IFBE med. Institut für berufsbezogene Erwachsenenbildung GmbH
IMS Software GmbH
INFOX Verwaltungsgesellschaft mbH
Interdean AG
IIP-Technologies GmbH
International Paralympic Committee
INTERSEROH Dienstleistungs GmbH
iplas Innovative Plasma Systems GmbH
Johanniterhaus Evangelisches Alten- und Pflegeheim Beethovenallee e.V.
J.J. Ohrem GmbH & Co. KG
Johnson Controls IFM Industrie GmbH
Jugendhaus Düsseldorf e.V. 
Kamps Bakeries GmbH
Kautex Textron GmbH & Co. KG
Kessko Kessler & Comp. Gmbh & Co KG
Koelnmesse GmbH
Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt)
Kuttig Computeranwendungen GmbH
KYOCERA Electronics Europe GmbH
Land NRW - Polizeipräsident Bonn
Land Rheinland-Pfalz
Landesbetrieb Wald und Holz NRW
Lebenshilfe Wohnverbund GmbH
Lindenberg-Anlagen GmbH
3M Deutschland GmbH  
Magdalinski Karosseriebau OHG
Magistrat der Kreisstadt Limburg an der Lahn
Mammographie-Screening  
Maprom GmbH
Marienhaus GmbH
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
medentis medical GmbH
Medizinische Einrichtungen der Universität Bonn (heute: Universitätsklinikum Bonn)
Messer Industriegase GmbH
Metek GmbH
Mosblech & Partner GmbH
mz robolab GmbH
Niederberger Großbauten-Reinigung GmbH & KG
Pesch & Partner Steuerberater-Sozietät
Piepenbrock Dienstleistungsgruppe GmbH + Co. KG
Plancal GmbH
Polizeipräsidium Bonn  
PSB / Presse Service Bonn GmbH & Co.KG
QSC AG
RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V.
Regionalverkehr Köln GmbH (RVK)
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Robert Bosch GmbH 
RTE GmbH
SENKRECHT IT GmbH
Senioren Residenz Brühl Nitsche gemeinnützige Gesellschaft mbH
SGL Carbon GmbH
SHD Einzelhandelssoftware GmbH & Co. KG  
Siegwerk Druckfarben AG
SMI-Hyundai Management GmbH
Sony Deutschland GmbH
Sovtransavto Deutschland GmbH
 SPORTARENA GmbH
Statistisches Bundesamt
Stadt Bonn
Stadt Hagen
Freie und Hansestadt Hamburg
Stadt Köln
Stadt Sprockhövel
Stadtteilverein Dransdorf e.V.
 Stadtwerke Bonn
Stadtwerke Köln GmbH  
Start Zeitarbeit NRW GmbH
St. Franziskus-Krankenhaus Eitorf gGmbH
Stiftung Carl Kreuser jr. Altenheim
Stiftung für ehemalige politische Häftlinge  
Team GmbH
TeamBank AG
Telekom Deutschland GmbH
Texa OHG 
Theodor Fliedner Stiftung
Tigges GmbH & Co. KG
T-Systems International GmbH
UCB GmbH
United Parcel Service Deutschland Inc. & Co. OHG
Universitätsklinikum Essen - Anstalt des öffentlichen Rechts
Universitätsklinikum Giessen und Marburg GmbH
Verband der privaten Krankenversicherung e.V.
Verbandsgemeindeverwaltung Asbach  
Vereg G.m.b.H
Verein für Gefährdetenhilfe gemeinnützige Betriebs-GmbH
J. WECK GmbH u. Co. KG
WDR Mediagroup GmbH
Westdeutscher Rundfunk Köln
William Prym Holding GmbH
Wirtschaftsberatung Lütz  
Wissenschaftsladen Bonn e. V.
WKW-SUMA GmbH
WMF AG (Württembergische Metallwarenfabrik Aktiengesellschaft)
Zweites Deutsches Fernsehen Anstalt des öffentlichen Rechts

Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds

Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds
 
Betriebsratsmitglieder sind arbeitsrechtlich besonders geschützt. Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf also der Zustimmung des Betriebsrats. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter, kann also eigene Anträge stellen.
 
Eine Kündigung, die der Arbeitgeber während des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG gegenüber dem beteiligten Arbeitnehmer ausspricht, ist nach dem Bundesarbeitsgericht jedenfalls dann nicht als Rücknahme des Zustimmungsersuchens gegenüber dem Betriebsrat zu verstehen, wenn die Kündigung nur vorsorglich für den Fall ausgesprochen wurde, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats nicht (mehr) bedarf. Eine gegenüber dem Arbeitnehmer im Lauf des Zustimmungsersetzungsverfahrens in diesem Sinne vorsorglich ausgesprochene Kündigung seitens des Arbeitgebers lässt dessen Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat und den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG unberührt. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Dieser besondere Kündigungsschutz gilt auch für Ersatzmitglieder, soweit und solange sie ein verhindertes ordentliches Betriebsratsmitglied vertreten (BAG  2011). Das Ersatzmitglied erwirbt den Sonderkündigungsschutzschutz nach § 15 Abs 1 S 1 KSchG also für die Dauer der Verhinderung des Betriebsratsmitglieds. Die zeitweilige Verhinderung des ordentlichen Mitglieds erfasst die Wahrnehmung des Betriebsratsamts als solches. Der während dieser Zeit gewährleistete - volle - Sonderkündigungsschutz des Ersatzmitglieds ist nach dem Bundesarbeitsgerichts dementsprechend nicht auf Zeiten beschränkt, in denen es konkrete Betriebsratstätigkeit entfaltet. Der besondere Schutz steht ihm selbst dann zu, wenn während der Vertretungszeit keine Betriebsratstätigkeit anfällt. Es genügt insoweit die Möglichkeit, dass dem Ersatzmitglied Betriebsratsaufgaben zufallen könnten.
 
Wann ist ein Betriebsratsmitglied beispielsweise verhindert?
 
Wird einem ordentlichen Betriebsratsmitglied Erholungsurlaub bewilligt, führt dies nicht nur zum Ruhen seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung, sondern zugleich zur Suspendierung seiner Amtspflichten. Dem Betriebsratsmitglied wird während seines Erholungsurlaubs die Verrichtung seiner Amtspflichten zwar nicht ohne Weiteres objektiv unmöglich, grundsätzlich aber unzumutbar. Das Betriebsratsmitglied gilt im Fall des Erholungsurlaubs jedenfalls so lange als zeitweilig verhindert im Sinne von § 25 Abs 1 S 2 BetrVG, wie es nicht seine Bereitschaft, während des Urlaubs Betriebsratstätigkeiten zu verrichten, positiv anzeigt.
(BAG 2011)
 
Ist eine Strafanzeige gegen den Arbeitnehmer ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung?
 
Zwar kann die Anzeige eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber bei einer Strafbehörde nach dem Bundesarbeitsgericht einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen, wenn es sich um wissentlich unwahre oder leichtfertig gemachte falsche Angaben handelt oder eine solche auf haltlosen Vorwürfen aus verwerflichen Motiven, z.B. um dem Arbeitgeber zu schaden, beruht (BAG  1991).  Der Strafantrag eines betriebsverfassungsrechtlichen Organs ist per se aber kein Grund zur fristlosen Entlassung der Mitglieder des Organs durch den angezeigten Arbeitgeber. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann zu machen, wenn insoweit ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm


Donnerstag, 4. Juni 2015

Insichbeurlaubung - Verlängerug - Befristung - Pflichtenkollision

Wie lange währt die "Insichbeurlaubung" eines Beamten?

Als wichtiger Grund der Urlaubsverlängerung kommen ausschließlich bei objektiver Betrachtung gewichtige und schutzwürdige Belange des Beamten in Betracht. Je länger Sonderurlaub gewährt werden soll, umso stärker wird das öffentliche Interesse an der uneingeschränkten Wahrnehmung der Dienstgeschäfte berührt und umso höhere Anforderungen sind an die Gewichtigkeit und Schutzwürdigkeit des geltend gemachten Urlaubsgrunds zu stellen. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass sich der Beamte auf Lebenszeit grundsätzlich bis zu seiner Zurruhesetzung mit ganzer Kraft seinem Beruf zu widmen hat. Daran besteht grundsätzlich ein öffentliches Interesse. Umgekehrt hat er gegenüber seinem Dienstherrn einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung.

Deshalb kann sich bei Anträgen auf Verlängerung einer Beurlaubung, auch wenn ein und derselbe Grund ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse fortdauert, von Mal zu Mal die Abwägung zugunsten der dienstlichen Verhältnisse verändern. Dabei ist der aus demselben Grund abschnittsweise ununterbrochen nacheinander gewährter Urlaub als Ganzes zu sehen. Handelt es sich um einen besonders langen Urlaub, so können die persönlichen Belange des Beamten an der Fortführung des privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnisses als wichtiger Grund  das dienstliche Interesse an der Dienstleistung des Beamten nur dann überwiegen, wenn sich der Beamte etwa in einer "Ausnahmesituation befindet, die sich als wirkliche und nicht von ihm zu vertretende Zwangslage" darstellt. Solche Fälle dürften selten auftreten. 


Nach Ablauf der Beurlaubung kann grundsätzlich eine Kollision der Verpflichtungen aus den beiden Arbeits- bzw. Dienstverhältnissen auftreten, wenn das Arbeitsverhältnis über den Sonderurlaub hinaus fortbesteht und die Dienstpflichten aus dem Beamtenverhältnis wieder aufleben. Naturgemäß führt dies zu einer Pflichtenverletzung aus zumindest einem Arbeitsverhältnis, da es dem Beamten unmöglich ist, beiden Verpflichtungen nachzukommen. Wie löst man dieses Problem?

Diese Pflichtenkollision kann jedoch entweder durch Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder durch Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Verlangen des Beamten vermieden werden. Daher begründet diese Kollision weder einen wichtigen Grund, der die Interessen des Beamten über die öffentlichen Interessen stellt, noch stellt sie eine Zwangslage im oben genannten Sinne dar. Es ist dem Beamten zuzumuten, sich für einen der oben aufgezeigten Wege zu entscheiden. Die Befristungsabrede für das Arbeitsverhältnis wird vom BAG für zulässig erachtet. 

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Donnerstag, 29. Januar 2015

Aktuelle Entscheidung OVG Münster zur Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen

Eine Aufforderung, sich zur Klärung der Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen, muss Angaben zu Anlass, Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten und aus sich heraus verständlich sein.

Wegen der rechtlich erheblichen Folgen muss die behördliche Anordnung zu einer ärztlichen Untersuchung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Das verhindert, dass solche Anordnungen rein repressiven Charakter haben. Der Aufforderung müssen also tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt werden, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen.

Der betroffene Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Auch dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung von der zuständigen Stelle zumindest so dargestellt werden, dass für den Betroffenen ohne Weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird.

Weiterhin muss die Anordnung nach der Begründung des OVG Münster Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung machen. Die Behörde darf solche Angaben nicht dem Arzt überlassen. Vor allem gilt das, wenn der Beamte sich fachpsychiatrisch untersuchen lassen soll. Feststellungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Solche Eingriffe in das Recht des Beamten sind in besonderer Weise an Art. 2 Abs. 2 GG wie auch am allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu messen.  Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Dienstag, 20. Januar 2015

Schlechtleistung Arbeitnehmer Abmahnung Kündigung

Eine Schlecht- oder Minderleitung des Arbeitnehmers rechtfertigt eine Kündigung nur dann, wenn dargestellt werden kann, dass die erbrachte Leistung dauerhaft nicht nur unerheblich unter der zu erbringenden bzw. dem im Durchschnitt als normal anzusehenden Wert der Leistung bleibt. Von einer erheblichen Leistungsminderung wird in der Regel dann ausgegangen, wenn die erbrachte Leitung etwa 1/3 hinter der zu erwartenden Leistung zurückbleibt. Dabei setzt die verhaltensbedingte Kündigung voraus, dass dem Arbeitnehmer wegen der Minderleistung eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, was dann der Fall ist, wenn er weniger oder schlechter arbeitet, als er könnte.

Einer Kündigung muss eine einschlägige Abmahnung vorausgehen, damit der Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hingewiesen worden ist und sein Verhalten anpassen kann. Die Abmahnungen müssen klaren Kriterien genügen, damit sie wirksam sind und eine spätere Kündigung rechtfertigen können. Vor allem bei der Sachverhaltsdarstellung ist strikt darauf zu achten, dass keine allgemeinen Ausführungen oder Bezüge auf vergangene Sachverhalte erfolgen, weil jede Unklarheit der Abmahnung auf den Abmahnenden zurückfällt.

Rechtsanwalt Dr. Palm

Ständiges Zuspätkommen Abmahnung Kündigung

Eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung ist in der Regel nur dann möglich, wenn es trotz vorangegangener einschlägiger Abmahnungen  weiterhin zu Verletzungen der arbeitvertraglichen Pflichten gekommen ist.  Eine außerordentliche fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist nur ausnahmsweise möglich, wenn der Verstoß des Arbeitnehmers so gravierend ist, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist.


Ständiges Zuspätkommen des Arbeitnehmers zur Kernarbeitszeit rechtfertigt nach entsprechender Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Wiederholtes Zuspätkommen berechtigt nach erfolgloser Abmahnung auch dann zur ordentlichen Kündigung, wenn die einzelnen Verspätungen zwar eher gering sind, aber zu Betriebsablaufstörungen führen.

Einer Kündigung sollte regelmäßig eine einschlägige Abmahnung vorausgehen, damit der Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hingewiesen worden ist und sein Verhalten anpassen kann. Die Abmahnungen müssen klaren Kriterien genügen, damit sie wirksam sind und eine spätere Kündigung rechtfertigen können. Vor allem bei der Sachverhaltsdarstellung ist strikt darauf zu achten, dass keine allgemeinen Ausführungen oder Bezüge auf vergangene Sachverhalte erfolgen, weil jede Unklarheit der Abmahnung auf den Abmahnenden zurückfällt.

Rechtsanwalt Dr. Palm