Wir haben uns sehr viel mit Mobbing in Arbeitsverhältnissen befasst. In den meisten Fällen konnten wir den Opfern gut helfen, wenn auch die Idealvorstellungen, die mitunter in der Öffentlichkeit produziert werden, nicht der Wirklichkeit des Gerichtsalltags entsprechen. Cybermobbing ist eine technisch versierte Form des Mobbing. Die Schule ist deshalb ein idealer Ort dafür, weil sich die Community-Gemeinde und der Klassenverband überschneiden. Mobbing-Opfer haben plötzlich zwei Fronten, die vor allem die Schwierigkeit begründen, diese Angriffe für Dritte, die darüber zu urteilen haben, transparent zu rekonstruieren. Das Mobbing-Opfer scheint oft gegen Windmühlen zu reiten, was ihm die zusätzlich Häme der Angreifer einbringt. Die Gerichte müssen mit diesen Formen massiver Persönlichkeitsrechtsverletzung lernen, noch besser umzugehen.
"Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Internetbeleidigungen unmittelbar auf
den Schulbetrieb auswirken. Sie stehen weder räumlich noch zeitlich in einer
Beziehung zur Schule." So konstatierte es das VG Gelsenkirchen am 20.10.2010.
Wenn es in dem seinerzeit zur Entscheidung stehenden Fall so gewesen sein mag,
ist das hier nicht zu erörtern. Dass Internetaktivitäten eng an das schulische
Leben gekoppelt sind und quasi eine gemischt real-virtuelle Sphäre bilden, weiß
jeder Schüler inzwischen. Die unterschiedlichen Publizitätsgrade von
Mitteilungen in Communities, auf Foren etc. schaffen erhebliche Gefahren und
werfen die Frage auf, wie man sich dagegen effektiv wehrt, wenn die eigene
Person diskreditiert wird. Cybermobbing ist ein Netzphänomen, aber die Mittel
des Rechts unterscheiden sich nicht von denen, die auch in Konstellationen
jenseits des Netzes ihre Anwendung finden. Im Netz kann nur das Problem sehr
virulent werden, dass die Urheberschaften von inkriminierten Äußerungen oft
schwer zu ermitteln sind. Wir haben hier einige Erfahrung in einigen sehr
massiven Fällen gewonnen, in denen es um die Veröffentlichung von massiven
Beleidigung, mehr oder minder pornografischen Darstellungen und ähnlichen
Anwürfen auf die Persönlichkeit ging.
Das im Grundgesetz geregelte
allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt die Freiheitsrechte und gewährleistet
die engere persönliche Lebenssphäre bzw. deren Grundbedingungen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts betrifft es auch das Recht auf
Selbstbestimmung im Bereich der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten
als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . Dieses Grundrecht des
Einzelnen, selbst über die Verwendung seines Namens im Zusammenhang mit
Meinungsäußerungen in der Öffentlichkeit zu bestimmen, steht auch Lehrern im
Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern ihrer Schule zu. Sie können diese
Achtung von jedem anderen am Schulleben Beteiligten verlangen. Der Umstand, dass
die (scheinbar) anonymen Kommunikations- und Äußerungsformen im Internet es als
besonders verlockend erscheinen ließen, Lehrkräfte als „digitales Freiwild“
anzusehen, ändert hieran nach dem VG Hannover (2007) nichts. Die ohne Wissen und
Genehmigung der Betroffenen vorgenommene Verbreitung der Namen von Lehrern in
einer der Öffentlichkeit zugänglichen Seite im Internet, die von diesen
Lehrkräften gegen deren Willen ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das ihnen
tatsächlich nicht zukommt und von ihnen als beleidigend empfunden wird, ist nach
dem VG Hannover (2007) eine schwer wiegende Pflichtverletzung. Das kann
Ordnungsmaßnahmen begründen. Das gilt nach dem Gericht insbesondere dann, wenn
sich mehrere Schüler gemeinschaftlich daran beteiligen und damit rechnen müssen,
dass diese Lehrkräfte anschließend im Bereich der Schulöffentlichkeit der
Lächerlichkeit und dem Gespött anderer ausgesetzt werden. Hierdurch könne das
für ein funktionierendes Schulleben unverzichtbare Vertrauensverhältnis zwischen
den verschiedenen Beteiligten in einer Schule nachhaltig beschädigt werden.
Wichtig ist es, sich schnell zu wehren, um erstens dem Angreifer deutlich zu
machen, dass er auf einen für ihn unangenehmen Widerstand stößt und zweitens die
Verbreitung solchen Materials einzudämmen.
Leider beobachtet man trotz
einer relativ aufgeklärten Öffentlichkeit, die das Thema längst kennt, dass
solche Phänomene bagatellisiert werden. Schulleitungen sind um ihren guten Ruf
besorgt. Systematisches Mobbing wird mit temporären Streitigkeiten verwechselt,
die ähnlich wie frühere Schulhof-Balgereien zu sehen wären. Regelmäßig verkannt
werden dabei die sehr viel effizienteren Methoden, die das Internet Übeltätern
zur Verfügung stellt. Cybermobbing ist die digitale Überbietung der vormaligen
Schulhofrangelei.
Wir haben juristisch den Schulalltag in vielfacher
Hinsicht kennen gelernt - aus der Sicht von Lehrern, Eltern und Schülern. Wir
können hier für Sie Verhandlungen führen, aber auch - wenn es anders nicht mehr
geht - prozessieren. Auf jeden Fall versuchen wir sensible Lösungen zu finden,
um wieder zu einem erträglichen Schulalltag zurückkehren zu können.
Kontaktieren Sie uns, schildern Sie
Ihr Problem und wir melden uns umgehend.
Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm